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Einheit in der Vielfalt - Carola Nadler - Wiler Zeitung 1.11.2011
01.11.2011
Einheit in der Vielfalt
Am Sonntag konzertierte das Eos-Guitar-Quartett in Oberglatt.
Am Sonntag konzertierte in der Kirche Oberglatt das Eos Guitar Quartett
als Gast des Abendmusikzyklus Flawil-Gossau. Das Programm bestand aus
klassischen Werken ebenso wie aus Stücken noch lebender Komponisten. CAROLA NADLER OBERGLATT. Die überaus abwechslungsreiche Programmgestaltung stand den
vier Gitarren gut zu Gesicht, bietet doch der Klang eines solchen
Ensembles auf die Dauer eines ganzen Konzertes keine Überraschungen
mehr. Doch mit dem mutigen Wechsel aus zeitgenössischer Moderne mit zum
Teil experimentellen Handhabungen des Instruments und Juwelen der
klassischen Musik schufen die vier Musiker ein Konzept, das die
Zuschauer bis zuletzt aufmerksam und mit Freude zuhören liess. Viele Kontraste Der Klang einer Gitarre entspannt und regt gleichzeitig an: Der warme
Nachhall des grossen Schallkörpers bildet mit den perkussiven Effekten
beim Anschlagen oder Anzupfen der Saiten einen spannenden Kontrast.
Subtil kosteten die vier Musiker des Eos-Quartetts diese Spannungen aus:
Feingliedrige Melodien über Arpeggien wechselten sich überraschend mit
feurigen Fandangos und volltönenden Barockklängen ab, ein Rossini ging
Hand in Hand mit einem Ralf Vollenweider. Zu ihrem 20. Jubiläum hatte das Quartett zahlreiche befreundete
Komponisten gebeten, kleinere Werke für sie zu schreiben. Daraus
entstand ein Strauss vielfältigster Stimmungsbilder, wie das «Naranjas
urbanos» des Argentiniers Máximo D. Pujol, etwa mit städtischem Orange
zu übersetzen: Mit immer neuen Figuren und Klangbildern, scheinbar
formlos aneinander gereiht, zog dieses Stück vom ersten Moment in seinen
Bann. Gioacchino Rossinis Ouverture zu «Der Barbier von Sevilla» gehört
zu den meistgespielten Werken des Opernrepertoires, jede Wendung
scheint vertraut. Das Eos-Quartett spielte diese Ouverture mit seiner ihm eigenen Frische,
kostete die Spannungen zwischen grossen Dynamikgesten und filigransten
Melodien wunderbar aus. Das Allegro aus dem 6. Brandenburgischen Konzert
von Johann Sebastian Bach dagegen kam sehr volltönend daher, wuchtig
die «vielen Noten», als sollte die ganze Fülle barocker Pracht auf 26
Saiten wiedergegeben werden. Was aber keineswegs klang, als hätten die
Gitarren den Mund zu voll genommen: Vielmehr sprühten sie vor
Lebensfreude und Energie. Keine erste Gitarre Daran reihte sich Luigi Boccherinis Grave assai und Fandango, Letzteres
ein spanischer Tanz in einem Dreier- oder Sechsertakt, tänzerisch,
lustvoll interpretiert. Marcel Ege, Martin Pirktl, David Sautter und
Michael Winkler bezeichnen sich selbst als gelebte, helvetische
Demokratie, wie es auf ihrer Homepage heisst: Keiner ist der Chef,
keiner spielt die erste Gitarre. Damit erklärt sich der homogene Gesamteindruck des Ensembles, die
Leichtigkeit in ihrer Spielfreude, sich auch auf Experimentelles
einzulassen, sich der Innovation der Komponisten hinzugeben, ohne jemals
technische Perfektion vermissen zu lassen – und immer mit ein klein
wenig Schalk in den Augen. Den Abschluss des Konzertes machten mit Camille Saint-Saëns und Georges
Bizet wieder zwei bekannte Komponisten der französischen Romantik, die
den Abend mit einer wohligen Abrundung versahen.
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